Was ist eigentlich eine Patientenverfügung?

Wir alle haben Wünsche dazu, welche medizinischen Behandlungen bei uns vorgenommen und welche unterlassen werden sollen. In einer Patientenverfügung können Sie Ihre Behandlungswünsche festhalten – für den Fall, dass Sie zukünftig einmal nicht selbst entscheiden können.

Patientenverfügungen verfassen Sie dazu im Vorfeld schriftlich. Sie geben anderen Menschen Auskunft darüber, welche medizinischen Maßnahmen in schweren Krankheits- und Unfallsituationen der*die Verfasser*in wünscht und welche wiederum nicht. Viele Verfügungen beziehen sich dabei auf das Lebensende.

Zum Beispiel können Patientenverfügungen den Wunsch festhalten, in diesem Stadium keine medizinische Behandlung mehr zu erhalten – zumal wenn die Behandlung das Leben künstlich verlängern würde. Verfasser*innen solcher Verfügungen hoffen, dass sie damit einen würdevollen Tod nach ihren eigenen Wünschen sterben werden. Doch auch für jüngere Menschen ist eine Verfügung durchaus schon sinnvoll: Ein Unfall oder eine schwere Krankheit kann uns in jedem Alter treffen.

Entscheiden Sie sich für eine Patientenverfügung, so muss außerdem der Inhalt sehr konkret sein. Sonst können die Beteiligten – Ärzt*innen, Angehörige, Freund*innen, Betreuungspersonen oder Bevollmächtigte – im Ernstfall unsicher sein, welche Behandlungen Sie laut Ihrer Verfügung tatsächlich für sich wünschen. Falls diese Personen über Ihre verfügten Wünsche uneinig sind, muss ein Familiengericht entscheiden, ob Ihre Verfügung akzeptiert und umgesetzt wird oder nicht.

Gesetzliche Betreuungspersonen – Das Familiengericht bestellt gesetzliche Betreuungspersonen. Diese entscheiden als gesetzliche Vertreter*innen für uns. Dabei sollen sie in unserem Interesse handeln.

Bevollmächtigte – Bevollmächtigte haben dieselbe Aufgabe wie Betreuungspersonen. Sie werden jedoch nicht von einem Gericht bestellt. Wir selbst wählen sie dazu aus, unsere Interessen umzusetzen.

Eine Patientenverfügung ist nur unter diesen
Voraussetzungen wirksam:

1. Die verfügende Person muss beim Verfassen mindestens 18 Jahre alt und einwilligungsfähig sein, das heißt im Vollbesitz ihrer Geisteskraft.

2. Die Patientenverfügung muss schriftlich niedergelegt sein. Schriftlich bedeutet, dass ein unterschriebenes Dokument notwendig ist.

3. Die Patientenverfügung bezieht sich nicht auf unmittelbar bevorstehende Behandlungen (wie eine konkrete Operation), sondern sie bezieht sich auf zukünftige Situationen, in denen wir nicht mehr einwilligungsfähig sein werden (wie ein Wachkoma). Dabei gilt die Verfügung nur für ärztliche Maßnahmen. Die sogenannte Basisbetreuung berührt sie nicht. Zur Basisbetreuung zählen menschenwürdige Unterbringung, Körperpflege, Linderung von Schmerzen, Zuwendung sowie Stillen von Hunger und Durst auf natürlichem Weg.

4. Die Patientenverfügung muss zukünftige Lebenssituationen und Behandlungslagen konkret beschreiben. Tritt die beschriebene Situation tatsächlich ein, so ist die Verfügung auch zu beachten. Allgemeine Wünsche wie „Ich möchte nicht an Schläuchen hängen“ reichen für die Verfügung dagegen nicht aus.

5. Der in der Patientenverfügung niedergeschriebene Wille muss in der konkreten Situation noch immer aktuell sein. Die Verfasser*innen können die Verfügung daher jederzeit schriftlich oder mündlich widerrufen.

6. Eine Vorsorgevollmacht sollten eine gute Patientenverfügung ergänzen. Zum Beispiel kann es sein, dass die Patientenverfügung auf eine konkrete Lebenssituation nicht zutrifft oder dass die medizinische Behandlungssituation anders ist als in Ihrer Patientenverfügung beschrieben. Sie können für solche Fälle mit einer Vorsorgevollmacht oder mit einer Betreuungsverfügung eine Vertrauensperson benennen, die in Ihrem Interesse entscheiden soll.

Wie verbindlich ist die Patientenverfügung?

Ärztliche Behandlungen dürfen grundsätzlich nur mit unserer Einwilligung erfolgen. Die einzige Ausnahme von dieser Regel sind Notsituationen – wenn wir nicht ansprechbar sind und sofort gehandelt werden muss, um unser Leben zu retten. Normalerweise geben wir unsere Einwilligung oder Nichteinwilligung in eine Behandlung direkt gegenüber unseren Ärzt*innen. Für den Fall, dass wir nun aber nicht direkt einwilligen können, können wir dies mit einer Patientenverfügung auch vorab tun.
Das Gesetz besagt:
Das Selbstbestimmungsrecht, wie es in einer Patientenverfügung zum Ausdruck kommt, muss beachtet und respektiert werden. Alle Menschen haben das Recht, selbst zu entscheiden, welche ärztlichen Behandlungen sie möchten und welche nicht. Dieses Recht gilt unabhängig von der Art und dem Stadium einer Erkrankung. Unser Selbstbestimmungsrecht gilt in jeder Lebenssituation.
Sie können sich natürlich ebenso bewusst gegen eine Patientenverfügung entscheiden und alle ärztlichen Behandlungsmöglichkeiten für sich wünschen, sogar am Lebensende. Auch ein Nein zur Patientenverfügung ist Ausdruck Ihres Selbstbestimmungsrechtes. Liegt für Sie aber eine Patientenverfügung vor, so müssen alle Beteiligten die Verfügung beachten: Angehörige, Freund*innen, Betreuungspersonen, Ärzt*innen, Pflegepersonen und Bevollmächtigte. Selbst lebenserhaltende Maschinen müssen abgeschaltet werden, wenn dies laut der Verfügung Ihr klarer Wille ist.

Gilt meine alte Patientenverfügung noch?

Wer bereits vor Inkrafttreten des Patientenverfügungsgesetzes im September 2009 eine Verfügung verfasst hat, braucht keine Angst zu haben: Grundsätzlich gelten alte Patientenverfügungen weiter. Ihre Verfügung ist durch das neue Gesetz nicht automatisch ungültig. Sie sollten jedoch überprüfen, ob Ihre alte Patientenverfügung die inhaltlichen Anforderungen erfüllt, die das neue Gesetz verlangt. Welche das sind, erklärt Ihnen dieser Ratgeber. Falls Ihre Verfügung den Anforderungen nicht entspricht, empfehlen wir Ihnen nachzubessern.

Wirkt sich meine Organspende-Erklärung aus?

Zwischen der Patientenverfügung und der Organspende-Erklärung gibt es durchaus Wechselwirkungen: Die Organspende verlangt eine intensivmedizinische Behandlung – eine Patientenverfügung kann die intensivmedizinische Behandlung aber begrenzen. Falls Sie sich für eine Organspende-Erklärung entschieden haben, sollten Sie Ihre Patientenverfügung daher entsprechend überarbeiten.

Was gefährdet die Verbindlichkeit meiner Patientenverfügung?

Ihre Patientenverfügung wird nur anerkannt, wenn sie deutlich zeigt, dass Sie das Geschriebene tatsächlich verstanden haben und wirklich wollen.

Eine Patientenverfügung ist außerdem ungültig, wenn sie etwas Strafbares enthält. Zum Beispiel darf niemand fordern: „Töte mich!“, auch nicht in einer Patientenverfügung. Dies wäre aktive Sterbehilfe. Das Patientenverfügungsgesetz tastet das Verbot der aktiven Sterbehilfe also nicht an. Die Wünsche in einer Patientenverfügung dürfen sich daher nur auf das „Sterbenlassen“ beziehen, wenn zum Beispiel lebensverlängernde Behandlungen unterlassen oder abgebrochen werden sollen.

Die gesetzlichen Regelungen zum Inhalt und zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen können Sie auch im Bürgerlichen Gesetzbuch im Betreuungsrecht nachlesen: 
§ 1901a, § 1901b und § 1904 BGB.

Sollte ich mich beraten lassen?

Das Patientenverfügungsgesetz schreibt Ihnen eine Beratung nicht zwingend vor. Wir vom SoVD empfehlen Ihnen, trotzdem nicht auf die Beratung zu verzichten. Dafür gibt es gute Gründe:
• Die Beratung verschafft Ihnen noch mehr Klarheit über das Thema „Patientenverfügung“.
• Die Beratung erklärt Ihnen individuell, was Sie bei Ihrer Patientenverfügung unbedingt beachten müssen.
• Die Beratung hilft Ihnen, widersprüchliche Formulierungen auszuräumen, zum Beispiel wenn Sie laut Ihrer Verfügung einerseits lebenserhaltende Maßnahmen ablehnen und andererseits möglichst lange leben möchten.

Widersprüche können auch zwischen der Patientenverfügung und dem Willen zur Organspende entstehen: Eine Organspende erfordert intensivmedizinische Eingriffe – eine Patientenverfügung kann diese aber gerade ausschließen. Dieses Wechselverhältnis können Sie in der Beratung genau klären und so wohlbedacht für sich entscheiden.

Die Beratung zeigt vor allem, dass Sie sich gut informiert und überlegt entschieden haben. Sie zeigt, dass Sie Ihre Patientenverfügung wirklich wollen. Das hilft Angehörigen, Freund*innen, Ärzt*innen sowie Pflege- und Betreuungspersonen später, Ihre Wünsche zu respektieren und tatsächlich zu erfüllen.
Eine Patientenverfügung ist eine äußerst wichtige und weitreichende Entscheidung. Sie sollten sich dafür Ruhe und Bedenkzeit nehmen. Eine gute Beratung gehört aus der Sicht des SoVD dazu.

Wie bereite ich meine Verfügung am besten vor?

Je nach Lebenssituation haben wir sehr unterschiedliche Wünsche, die wir in einer Patientenverfügung festhalten möchten: Ihre individuellen Behandlungswünsche können davon abhängen, wie alt Sie sind, ob Sie eine schwerwiegende Erkrankung haben oder für einen unvorhergesehenen Unfall vorsorgen möchten. Auch Ihre persönlichen Werte haben Einfluss auf Ihre Behandlungswünsche.

Wir vom SoVD empfehlen Ihnen daher, Ihre Lebenssituation und Ihre Werte für sich zu klären, bevor Sie Ihre Patientenverfügung verfassen. So können Sie Ihr Selbstbestimmungsrecht möglichst wohlbedacht wahrnehmen. 

Welche Vorschriften gelten für die Form?

Das Gesetz verlangt für Patientenverfügungen die Schriftform. Mündliche Erklärungen reichen also nicht aus. Wir raten Ihnen auch von handschriftlichen Fassungen ab: Viele Handschriften sind nur schlecht lesbar. Setzen Sie Ihre Patientenverfügung besser mit der Schreibmaschine oder mit dem Computer auf. Oder melden Sie sich auf unserem Notfallkarten-Portal an, um sich mit unserem virtuellen Assistenten Ihre Patientenverfügung zu erstellen. Mit virtuellen Assistenten werden Sie Schritt für Schritt durch die Fragen geleitet und am Ende erhalten Sie Ihre Patientenverfügung.
Wichtig: Sie müssen Ihre Patientenverfügung in jedem Fall persönlich und handschriftlich mit dem Ort, dem Datum und Ihrer vollständigen Unterschrift versehen.

Reicht die Patientenverfügung zur Vorsorge aus?

Für eine umfassende Vorsorge reicht die Patientenverfügung allein tatsächlich nicht aus. Sie sollten zusätzlich unbedingt auch eine Vorsorgevollmacht verfassen. Mit beiden benennen Sie eine Person Ihres Vertrauens für den Fall, dass Sie Ihren Willen selbst nicht äußern können.

Eine Vertrauensperson wird zum Beispiel wichtig, wenn Ihre Patientenverfügung auf eine konkrete Lebenssituation nicht zutrifft oder wenn die medizinische Behandlungssituation anders ist als in Ihrer Verfügung beschrieben. Entgegen einer verbreiteten Meinung vertreten Familienangehörige oder Ehegatt*innen uns in solchen Fällen nicht automatisch. Wir müssen selbst vorsorgen und eine Person unseres Vertrauens einsetzen. Die Vertrauensperson kann dann in unserem Sinne wichtige Fragen entscheiden, auf die unsere Patientenverfügung keine Antworten bereithält.

Wen kann ich als meine Vertrauensperson benennen?

Sie können jede volljährige Person als Vertrauensperson benennen, zum Beispiel Lebens- oder Ehepartner*innen, Eltern, Kinder, Familienangehörige, Freund*innen oder auch andere nahestehende Menschen. Wichtig ist, dass Sie mit der Person vorab intensiv über Ihre Patientenverfügung gesprochen haben – damit sie weiß, wie sie im „Fall der Fälle“ handeln soll.
Falls Sie eine Vorsorgevollmacht haben, sollten Sie in Ihrer Patientenverfügung unbedingt darauf hinweisen und Ihre Vertrauensperson namentlich nennen. Außerdem sollten Sie vermerken, dass Sie mit Ihrer Vertrauensperson den Inhalt Ihrer Patientenverfügung und Ihre persönlichen Wünsche ausführlich besprochen haben.

Muss ich meine Verfügung aktualisieren?

Ihre Patientenverfügung gilt in einer konkreten Situation nur, wenn sie Ihrem Willen tatsächlich noch entspricht. Persönliche Lebenssituationen ändern sich jedoch. Auch persönliche Haltungen und Einstellungen sowie medizinische Möglichkeiten ändern sich. Sie können Ihre Patientenverfügung daher jederzeit formlos schriftlich oder mündlich widerrufen.

Je älter Ihre Patientenverfügung ist, umso größer werden somit aber auch die Zweifel, ob Ihr verfügter Wille noch aktuell ist. Deshalb ist es unbedingt ratsam, die Verfügung regelmäßig zu aktualisieren. So können Sie deutlich machen, dass Sie an ihrem Inhalt weiter festhalten und diesen auch zukünftig beachtet wissen möchten.

Mit unserem Service der Notfallkarte werden Sie regelmäßig daran erinnert, Ihre Patientenverfügung zu aktualisieren. Somit wird sichergestellt, dass die Patientenverfügung Ihrem tatsächlichen Willen entspricht.

Auch zu konkreten Anlässen, zum Beispiel vor Krankenhaus-aufenthalten, sollten Sie dies tun. Ganz besonders wichtig ist eine Aktualisierung, wenn Sie sich zur Organspende bereit erklären, denn daraus können Widersprüche entstehen.

Nachdenkliches 
zum Schluss

Eine Patientenverfügung ist ein Ausdruck Ihres Selbstbestimmungsrechts. Ein Recht ist aber zugleich eine Freiheit: Sie drücken Ihr Selbstbestimmungsrecht auch aus, wenn Sie keine Verfügung verfassen.

Es gibt keine Pflicht zur Patientenverfügung – weder eine soziale noch eine moralische.

Die Entscheidung, eine Patientenverfügung zu verfassen, steht jedem Menschen frei. Wir können sie nur höchstpersönlich treffen. Das macht auch das Patientenverfügungsgesetz deutlich. Es besagt: „Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.“ (§ 1901a Abs. 4 BGB)

Beherzigen Sie auch dies, wenn Sie sich fragen, ob Sie eine Patientenverfügung für sich erstellen möchten. Die Patientenverfügung betrifft immerhin existenzielle Fragen Ihres Lebens und Sterbens. Hierfür sollten Sie sich ausreichend Zeit zum Überlegen, Abwägen und Entscheiden nehmen.

Dieser Ratgeber gibt Ihnen kein „Patentrezept“. Er soll Ihnen dabei helfen, die richtigen Fragen zu stellen und für sich selbst die richtigen Antworten zu finden. Ein generelles „Richtig“ oder „Falsch“ gibt es dabei nicht.
• Möchte ich wirklich eine Patientenverfügung, ergänzt um eine Vorsorgevollmacht?
• Oder ist für mich die Vorsorgevollmacht allein der bessere Weg?

Die Antworten auf diese Fragen können nur Sie für sich selbst finden. Dieser Ratgeber möchte dazu beitragen.